
Die Vorsitzende Hanne-Lore Bruns, hier noch als Teil des Organisationsteams einer Deutschen Meisterschaft im vergangenen Jahr, ist im Alter von 90 Jahren gestorben.
Der MTK Bad Harzburg trauert um seine Vorsitzende Hanne-Lore Bruns. Die Vereinschefin verstarb am Dienstag im Alter von 90 Jahren. Bis zum letzten Tag engagierte sie sich mit vollem Einsatz für den MTK. Noch knapp drei Monate zuvor erklärte sich das Ehrenmitglied des MTK dazu bereit, sich noch einmal zur Vorsitzenden mit dem Aufgabenbereich Turnen und Sport wiederwählen zu lassen, da sich partout kein Nachfolger finden ließ. Schon damals mahnte sie: "Ich kann das nicht ewig machen." Eine Mahnung, die nun schmerzlich Realität geworden ist.
Sport nahm schon früh einen hohen Stellenwert in ihrem Leben ein. Die "Ur-Bad-Harzburgerin" wurde am 8. Mai 1935 geboren und blieb eher zufällig der Kurstadt neun Jahrzehnte lang verbunden. Als der MTK nach dem Zweiten Weltkrieg wie alle anderen Sportvereine im Jahr 1949 wiedergründetet wurde, trat die damalige Gymnasiastin gleich dem Verein bei. Dieser Umstand machte sie zum dienstältesten Mitglied in der Geschichte des MTK. Dabei war es gar nicht dieser Verein, für den sie ihre größten sportlichen Erfolge einfuhr. Während sie im MTK Turnen, Schwimmen, Leichtathletik und anderen Disziplinen für eine gute sportliche Grundausbildung nachging, baute sie ihre Leistungsportkarriere im Winter-Sport-Verein Bad Harzburg auf. Für den WSV lief sie einige erfolgreiche Alpinrennen zum Beispiel auf der Wilden Sau am Bruchberg bei Altenau oder auch auf der Molkenhausstraße - so wie es in den 50er Jahren des vergangenen Jahrhunderts gepflegt wurde. Doch ihre große Leidenschaft war der Skilanglauf. Mitte der 50er wurde Hanne-Lore Bruns, die damals noch ihren Geburtsnamen Schulz trug, eine der erfolgreichsten Langläuferinnen des Harzes. 1954 gewann sie schließlich den Landesmeistertitel. Zudem durfte sie zu den Deutschen Meisterschaften, die damals noch als Gesamtdeutsche Meisterschaften hinter der Zonengrenze im Eckerloch bei Schierke ausgetragen wurden, mitfahren und verpasste nur knapp eine Medaille.
Nach dem Abi 1955 an der Oberschule für Jungen, dem heutigen Werner-von-Siemens-Gymnasium, wo sie nur eines von vier Mädchen in einem reinen Jungenjahrgang war, folgte das Studium in Braunschweig und ab 1958 der Werdegang als Lehrerin an der Volksschule (später Hauptschule) in Oker, die sie ab 1985 bis zu ihrer Pensionierung im Jahr 2000 als Rektorin leitete. Als dann auch noch 1961 der erste Sohn Henning geboren wurde, schien die Zeit für Sporttreiben (außerhalb des Schulsportunterrichts) vollends vorbei. So verpasste Hanne-Lore Bruns die Zeit Anfang der 60er, in der der MTK, der ebenfalls Skilanglauf im Angebot hatte, einen Trend aus Skandinavien übernahm und den Orientierungslauf als Sommerausgleichssportart als einer der ersten Vereine in Westdeutschland in sein Programm mit aufnahm.
Doch damals viel mehr als leider heute engagierten sich Eltern über Gebühr für den Sport treibenden Nachwuchs. Unversehens fand sich Hanne-Lore Bruns wieder zurück in der Skiloipe - oder vielmehr neben der Skiloipe, um den eigenen und auch den weiteren Nachwuchs des Vereins zu betreuen. Hinzu kam jetzt aber eben auch noch der Orientierungslauf, so dass später das Laufen mit Karte und Kompass durch den Wald auch noch mal ihre eigene sportliche Leidenschaft wurde. Als sich Mitte der 70er die westdeutschen Orientierungsläufer vom Skiverband lossagen wollten und schließlich im Turner-Bund eine neue Bleibe fanden, blieb das auch im MTK nicht ohne Zerrüttung und der Folge, dass sich einige Mitglieder zurückzogen. Schließlich gab Karl-Heinz "Charly" Stumpf die Leitung der Ski- und OL-Abteilung ab, zu seiner Nachfolgerin wurde in der Mitgliederversammlung im März 1974 Hanne-Lore Bruns gewählt, die damit auch in den Gesamtvorstand rückte und diesen Posten bis zu ihrem Tod 51 Jahre lang bekleidete.
1986 feierte der MTK mit einem großen Programm seine 100-Jahr-Feier. Die Leiterin der Ski- und OL-Abteilung engagierte sich für die mehrtägigen Feierlichkeiten über Gebühr. Der Lohn war ein zusätzliches Amt im folgenden März. Als auf der Mitgliederversammlung 1987 Peter Piontek zum Nachfolger von Horst Woick als Vereinsvorsitzender gewählt wurde, wurden ihm als Stellvertreter Rolf Meyer und eben Hanne-Lore Bruns an die Seite gestellt. Diese Position behielten beide auch unter Manfred Mattheis und Günter Wallat inne, ehe 1997 die Vorstandsreform folgte. Das System eines 1. Vorsitzenden mit zwei 2. Vorsitzenden wurde aufgelöst zugunsten von drei Vorsitzenden, die absolut gleichberechtigt sind und deren Aufgabenbereiche unterteilt sind in Verwaltung, Öffentlichkeitsarbeit sowie Turnen und Sport. Für letzteren Aufgabenbereich wurde Hanne-Lore Bruns gewählt und blieb somit 28 Jahre bis zu ihrem Tod Vorsitzende.
Es war eine Zeit, in der es für Sportvereine in Deutschland zunehmend schwerer wurde, ehrenamtliche Arbeit zu leisten. Das ging auch am MTK nicht spurlos vorbei, der noch Ende der 80er mit mehr als 1300 Mitgliedern drittgrößter Verein im Landkreis Goslar war und heute nur noch ein knappes Viertel dieser Mitgliederzahlen erreicht. Schweren und langen Verhandlungen sah sich Hanne-Lore Bruns beim Thema Waldhöhe ausgesetzt. Der Sportplatz im Stübchental war in den 1920er Jahren vom MTK errichtet worden. 1935 folgte im Rahmen der Gleichschaltung der Vereine die Enteignung. Nach dem Krieg ließ sich der MTK ein Nutzungsrecht ins Grundbuch der Waldhöhe eintragen. Als nun in den 2000ern ein zentraler Sportplatz mit Leichtathletikanlage an der Rennbahn entstehen sollte, die später an zu beengten Platzverhältnissen scheiterte, sollte der MTK seine Rechte abgeben. Schließlich gab der Verein nach, die Leichtathletikanlage entstand an der Planstraße in Harlingerode. Doch dem Verein konnte es nicht gelingen, sein Stammmitglieder, die eher in der Kernstadt zu finden waren, an die Planstraße zu bewegen. Das bedeutete das Ende der traditions- und erfolgreichen Leichtathletikabteilung des MTK. Auch eine andere Sportstätte machte ihr Sorgen - bis heute. Das 1970 errichtete Silberbornbad, das zur Wiedergründung der Schwimmabteilung im MTK führte, stand und steht nur noch zeitweise zur Verfügung. Wieder waren es lange und zähe Verhandlungen, die aber aufgrund der wirtschaftlichen Voraussetzungen für den Badbetrieb zum Nachteil des MTK ausfielen. Da das Bad Harzburger Freibad, das Krodobad, bei dessen Errichtung in den 1930ern der spätere langjährige Vereinsvorsitzende Franz Klemm mitwirkte, zu diesem Zeitpunkt schon nicht mehr existierte, kam den MTK-Schwimmern ihre letzte Trainingsstätte in Bad Harzburg über die Wintermonate abhanden. Die Abteilung konnte zwar gerettet werden, ein weiterer Mitgliederschwund war aber unausweichlich. "Wir müssen Kindern Schwimmen beibringen. Das ist im Zweifel überlebenswichtig", betonte Hanne-Lore Bruns immer und immer wieder und verwies dabei auf die steigende Zahl von mitunter tödlichen Badeunfällen.
All diesen schwierigen Entwicklungen standen aber auch viele positive Ereignisse gegenüber. Denn trotz des Verlustes von Waldhöhe und Leichtathletik-Abteilung setzte sich Hanne-Lore Bruns persönlich dafür ein, den Silvesterlauf des Vereins zu retten und erfolgreich an die Rennbahn zu verpflanzen. So leitete sie noch vor einem knappen halben Jahr die 42. Auflage der Traditionsveranstaltung, die sich zuletzt wieder steigender Teilnehmerzahlen erfreute. Mit ihrer "eigenen" Abteilung begann sie 1999 Großveranstaltungen auszurichten. Bis heute sind es ein knappes Dutzend Deutsche Meisterschaften im Orientierungslauf und Ski-Orientierungslauf geworden, die Landesmeisterschaften sind mittlerweile ungezählt. Dazu kommen zwei Junior-European-Cups, eine Art Jugend-Europameisterschaft, und natürlich die unvergessenen Senioren-Weltmeisterschaften, bei der im Jahr 2012 4500 Teilnehmer aus 42 Nationen eine Woche lang im Harz ihre fünf Wettkämpfe austrugen. Als Vereinsvorsitzende hatte Hanne-Lore Bruns diese größte Orientierungslauf-Veranstaltung, die es je in Deutschland gegeben hat, hauptverantwortlich mitorganisiert. Noch im April dieses Jahres war sie eine tragende Säule bei der Ausrichtung der Deutschen Sprintmeisterschaften in Clausthal-Zellerfeld.
Neben der Familie und der Vereinsarbeit stand die Bildung bei ihr im Mittelpunkt. Noch nach ihrer Pensionierung war sie zehn Jahre lang Lehrerin an einer Privatschule. Bis zuletzt studierte sie an der Uni Göttingen.
Für den Gesamtverein verwendete sie insbesondere das vergangene Jahr mit täglich mehreren Stunden Arbeit für die nötige Konsolidierung des MTK. Eine Arbeit, die kurz vor dem Abschluss stand, die sie aber nicht mehr zu Ende bringen durfte.
Der Verein nimmt sich in großer Dankbarkeit ein Vorbild an ihrem überdurchschnittlichen Engagement für den Sport, den Nachwuchs und den MTK. Als nach außen hin sichtbares Zeichen bleibt die Vereinsfahne vor dem MTK-Heim bis zur Trauerfeier auf Halbmast geflaggt. Der Trauergottesdienst findet am Samstag, 28. Juni, um 11 Uhr in der Lutherkirche Bad Harzburg statt.